Versicherungsrecht

Aufklärungspflichten

Allgemeines

Beratungspflicht

5C.267/2004 vom 01.06.2005Beratungsvertrag
Wer Vertragsverhandlungen aufnimmt, ist nach Treu und Glauben verpflichtet, die Gegenpartei in gewissem Masse über Tatsachen aufzuklären, die für diese in Bezug auf den Abschluss und den Inhalt des Vertrages wesentlich sind. Die Verletzung dieser Pflicht kann zu Schadenersatzansprüchen aus culpa in contrahendo führen.

Informationspflichten

Anzeigepflicht

9C_380/2018 vom 14.11.2018: Prüfungspflicht des Versicherers
Der Versicherer ist verpflichtet, die Antworten des Versicherungsnehmers auf seine Fragen im Antragsformular kritisch und sorgfältig zu prüfen. Erkenntnisse, die durch eine unterlassene Prüfung hätten gewonnen werden können, sind dem Versicherer nach Art. 8 Ziff. 3 VVG zuzurechnen.

4A_104/2018 vom 12.06.2018Anzeigepflichtverletzung - sichere Kenntnis
Wird ein Versicherer telefonisch über eine angebliche Anzeigepflichtverletzung informiert und verlangt er im Anschluss daran eine schriftliche Bestätigung des Sachverhaltes, so beginnt die vierwöchige Verwirkungsfrist, innert welcher der Vertrag gekündigt werden kann, mit dem Zugang der schriftlichen Bestätigung beim Versicherer zu laufen

4A_150/2015 vom 29.10.2015Indizierende Vorschäden
In der Motorfahrzeugversicherung können falsche Angaben zu Vorschäden eine Leistungsbefreiung des Versicherers bewirken, sofern sich durch die Kenntnis der Vorschäden die Wahrscheinlichkeit des Eintritts desjenigen Risikos, das sich konkret verwirklicht hat, besser beurteilen lässt.
Von diesem Fall abgesehen bleibt die Frage der Auswirkung von falschen Angaben zu indizierenden Umständen auf die Leistungspflicht des Versicherers weiterhin offen.

4A_294/2014 vom 30.10.2014Wissenszurechnung im Konzern II
Es ist nicht willkürlich, im Falle einer Versicherungsgruppe mit einer sozialen Krankenversicherung und einer privaten Versicherungsunternehmung, die beide Gesellschaften am gleichen Ort und mit dem gleichen Personal betreibt, das Wissen der einen Gruppengesellschaft der andern zuzurechnen.

4A_134/2013 vom 11.09.2013Gesundheitliche Störungen
Eine durch umfassende und weit formulierte oder offene Fragen geschaffene Unsicherheit darf sich nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers auswirken; zudem darf eine Anzeigepflichtverletzung in diesen Fällen nur mit Zurückhaltung angenommen werden.
Der Versicherer muss bei jeder Frage genügend Platz vorsehen, damit der Antragsteller Erläuterungen zu seiner Antwort anfügen kann.

4A_112/2013 vom 20.08.2013Anzeigepflichtverletzung und Täuschung
Zur Frage des Zusammenwirkens von Anzeigepflichtverletzung und absichtlicher Täuschung.

4A_19/2013 vom 30.04.2013Erkundigungspflicht des Stellvertreters
Der Antragsteller muss sich bei der Beurteilung einer Anzeigepflichtverletzung das Wissen seines Stellvertreters anrechnen lassen (Art. 5 Abs. 1 VVG). Dieser muss nicht nur ernsthaft nachdenken, ihn trifft auch eine Erkundigungspflicht.

9C_626/2012 vom 15.04.2013Subjektiver Verständnishorizont
Massgebend für die Beurteilung von Antworten auf Antragsfragen sind der subjektive Verständnis­hori­zont und die Gutgläubigkeit des Antragstellers.

4A_370/2012 vom 04.12.2012Ungeprüfte Anzeigepflichtverletzung
Zu den Pflichten des Richters bei der Prüfung einer Anzeigepflichtverletzung.

9C_680/2011 vom 11.05.2012Kausalzusammenhang (BGE 138 III 416)
Ein kausaler Zusammenhang zwischen der verschwiegenen oder unrichtig mitgeteilten Gefahrtatsache und dem eingetretenen Schaden wirkt sich nur auf die Leistungspflicht des Versicherers nach Anzeigepflichtverletzung (Art. 6 Abs. 3 VVG) aus, aber nicht auch auf die in Art. 6 Abs. 1 und 2 VVG geregelte Gültigkeit der Vertragskündigung als solcher.

4A_473/2010 vom 25.01.2011Dreissig Tage
Eine Antragsfrage nach einer mehr als 30 Tage dauernden Arbeitsunterbrechung darf verneint werden, wenn eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mit arbeitsfreien Tagen beginnt (in casu: Wochenende) und die 30 Tage-Limite nur dann erreicht wird, wenn die arbeitsfreien Tage mitgezählt werden.

4A_543/2008 vom 28.01.2009Geringfügige psychische Störungen (Teil 2)
Geringfügige Gesundheitsbeeinträchtigungen müssen nicht angezeigt werden. Summarisch gestellte Fragen dürfen mit einer gewissen Grosszügigkeit (soupless) beantwortet werden.
Es obliegt dem Versicherungsnehmer, den fehlenden Kausalzusammenhang zwischen einer Anzeigepflichtverletzung und dem Underwriting-Entscheid des Versicherers zu beweisen.

5C.51/2006 vom 17.07.2006Nachmeldepflicht
Der Antragsteller ist bis zum Abschluss des Vertrages zur Meldung von nach Antragsunterzeichnung eingetretenen Änderungen abgefragter Gefahrtatsachen verpflichtet.

5C.296/2005 vom 04.05.2006Anzeigepflichtverletzungs-Auge
Es verstösst nicht gegen das datenschutzrechtliche Zweckbindungsgebot, wenn der Versicherer Daten, die er zur Schadenregulierung rechtmässig beschafft hat, zur Begründung einer Anzeigepflichtverletzung nutzt.

5C.7/2003 vom 12.05.2003: Keine Denunziationspflicht (BGE 129 III 510)
Auskunftspflicht des Anspruchsberechtigten im Schadenfall (Art. 39 VVG).
1. Die Auskunftspflicht bezieht sich nur auf Tatsachen, die zur Ermittlung der Umstände dienlich sind, unter denen das befürchtete Ereignis eingetreten ist; sie erstreckt sich jedoch nicht auf Umstände, die hinsichtlich einer allfälligen Anzeigepflichtverletzung bedeutsam sein könnten.
2. Art. 6 VVG sieht keine Beweiserleichterung im Sinne einer Mitwirkungspflicht des Anspruchsberechtigten vor. Darauf hinaus liefe aber eine Ausdehnung der Auskunftspflicht von Art. 39 VVG über den dort geregelten Tatbestand hinaus.

5C.284/2002 vom 03.04.2003: Begründungspflicht (BGE 129 III 713)
Um gültig zu sein, muss eine Kündigung wegen Anzeigepflichtverletzung ausführlich auf die verschwiegene oder ungenau mitgeteilte Gefahrtatsache hinweisen. Sie muss die ungenau beantwortete Frage erwähnen.

5C.186/2000 vom 28.09.2001Geringfügige psychische Störungen (Teil 1)
Geringfügige Gesundheitsbeeinträchtigungen müssen nicht angezeigt werden. Summarisch gestellte Fragen dürfen mit einer gewissen Grosszügigkeit (soupless) beantwortet werden.
Es obliegt dem Versicherungsnehmer, den fehlenden Kausalzusammenhang zwischen einer Anzeigepflichtverletzung und dem Underwriting-Entscheid des Versicherers zu beweisen.